Wir bauen uns ein Radar-Chart … und bleiben skeptisch

Spinnennetz auf schwarzen Untergrund

Wir sind bekannt für unsere graphomate suite und graphomate tiles: Standard-Visualisierungskomponenten, die Sie “von der Stange” erwerben und einsetzen können. Doch wir bauen auch kundenindividuelle Visualisierungskomponenten, die exakt Ihren Wünschen entsprechen. Und das Beste: Aufbauend auf unserer Architektur funktioniert diese dann in ALLEN BI-Tools, die wir unterstützen: Power BI, SAC, Tableau, MS365 – out-off-the-box.

Vor einiger Zeit erhielten wir von einem Beratungspartner die Anfrage, ein kundenindividuelles Radar-Chart – auch Web-Chart, Spider-Chart oder Netz-Diagramm – das in allen BI Tools identisch Ergebnisse auswirft, zu entwickeln.

In diesem Beitrag werden wir das Radar-Chart etwas genauer analysieren und zeigen, wo seiner Vor- und Nachteile liegen, aber auch, wo es als Visualisierungsinstrument wirklich nützlich sein kann.

Warum Radar-Charts?

                                           
Gerade Beratungen und Wissenschaftler lieben es, ihre Ergebnisse mit Radar-Charts zu präsentieren. Sie sind so “schön rund” und “eye-catchy”:

Radar-Chart
Radar-Chart Beispiel 1
Radar-Chart
Radar-Chart Beispiel 2

Dabei haben Radar-Charts auf meiner Liste guter Visualisierungen einen Platz ganz weit unten. Das sehen die Kollegen einer niederländischen Umweltagentur, deren Beispiele ich im Folgenden verwende, genauso. Quelle: Visualising knowledge | PBL Planbureau voor de Leefomgeving

Einige Beispiele, warum wir Radarkarten kritisch betrachten

Das grundsätzliche Problem ist, dass der/m Betrachter/in die Linien und Flächen ins Auge springen, die dargestellte Information aber in den Schnittpunkten der Achsen liegt. Das führt zu einigen Defiziten:

1. Die Form der verbundenen Datenpunkte ist völlig willkürlich
Verändert man die Reihenfolge der Achsen kommen bei gleicher Datenlage völlig andere Flächen raus:

Drei Radar-Charts mit verschieden großen blauen Flächen
Radar-Charts Vergleich nach Flächen

2. Hohe Werte werden zu groß abgebildet
Die Fläche, die sich bei großen Werten ergibt, ist durch den größeren Abstand zwischen den Achsen am äußeren Rand des Diagramms missverständlich:

Drei Radar-Charts mit verschieden großen blauen Flächen
Radar-Charts Vergleich nach Werten

3. Verknüpfung zwischen Kategorien unzulässig
Wie bei Liniendiagrammen zeigt das Radar-Chart eine vermeintliche Beziehung zwischen den Kategorien durch die Verbindung der Datenpunkte. Diese existiert jedoch nicht:

Links ein Liniendigram-Rechts ein Radar-Charts
Radar-Charts Beziehung der Kategorien

4. Linien können aufgrund der radialen Anordnung nicht interpretiert werden   
Ich sehe in diesem Radar-Chart keinen Anstieg, sehr wohl aber im Liniendiagramm:

Links ein Radar-Chart mit Linien-Rechts ein Liniendiagramm
Radar-Chart im Vergleich Liniendiagramm

Ihr seht: wie immer steckt der Teufel im Detail! Die Kritikpunkte gelten im Übrigen für alle Arten von  Polardiagrammen – so z.B. auch für Florence Nightingales Rose-Chart: Meine DataViz-Held*innen (2/5): Florence Nightingale – The Lady with the lamp.

Was sagen die Experten zu Radar-Charts?

Einer meiner Helden der Visualisierung – Willard C. Brinton – vertritt sogar die klare Meinung, dass Radar-Charts “auf den Schrottplatz” gehören und Balkendiagramme diesen immer vorzuziehen sind. Und das schon im Jahr 1914:

“This type of chart should be banished to the scrap heap.

 Charts on rectangular ruling are easier to draw and easier to understand.”

graphomate Held Willard Cope Brinton Radar Chart
Radar Chart von Willard Cope Brinton
Balkendiagramm
einfaches Balkendiagramm

Seit huntert Jahren in der Kritik dennoch sind Radar-Charts aus keiner Berater-Präsentation wegzudenken. Balkendiagramme sind einfach zu langweilig! Wenn man schon nichts Interessantes zu berichten hat, dann wenigstens schöne runde Diagramme, wenn auch kaum verständlich.

Haben Radar-Charts irgendwelchen Nutzen?

Eine sinnvolle Anwendung von Radar-Charts kann eine Analyse von Ausreißern oder auch in Form von Small Multiples sein. Auch wenn zyklische und nicht lineare Daten visualisiert werden wie z.B. die Windstärken nach Windrichtung:

Grafik Visualisierung Windstärken zu Windrichtung
Radar-Chart Beispiel Windstärken (Quelle: :  Wind Power Potential in Turkey)

Zum Abschluss noch das Radar-Chart, das wir im Auftrag entwickelt haben. Wir sind ja nicht dogmatisch …😊… es funktioniert ohne Probleme in allen BI-Tools:

Ansicht eines Radar-Chart
graphomate Radar-Chart

Also: Kommt gern auf uns zu, wenn es Visualisierungsanforderungen gibt, die nicht mit Standardmitteln umsetzbar sind. Wir schaffen das!

May good dataviz be with you

Lars

ccbync

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